Viele Logos wurden in den letzten Jahren vereinfacht. Flach, geometrisch, serifenlos. Das hat in Apps, Interfaces und Favicons geholfen, doch Einzigartigkeit ging dabei häufig verloren. Gleichzeitig greifen einige Marken wieder sichtbarer zu identitätsstiftenden Codes aus ihrer Geschichte. Diese Rückkehr ist kein Selbstzweck. Sie schafft Vertrautheit, gibt Orientierung und schärft das Profil. Genau hier setzt Retro Branding an.
Nostalgie-Marketing beschreibt den psychologischen Effekt, der durch Erinnerungsreize Selbstkontinuität und Zugehörigkeit fördert und Entscheidungen erleichtert. Dadurch steigt die Offenheit für Botschaften.
Retro Branding ist die gestalterische Umsetzung. Frühere Logos, Typografien, Farbklänge, Formen oder Claims werden reaktiviert und in ein zeitgemäßes System übersetzt. Kurz gesagt: Nostalgie ist die Wirkung, Retro ist das Werkzeug.
Burger King hat eine umfassende Überarbeitung eingeführt. Logo, Schrift, Farben und Packaging erinnern an frühere Jahrzehnte, wirken aber klar und digital tauglich. Der Roll-out über Restaurant, Uniformen und App erzielte messbare Effekte. Laut eigenen Angaben verzeichnete Burger King nach dem Rebrand einen deutlichen Anstieg der Besuchsabsicht
Pepsi knüpft 2023 sichtbar an frühere Jahrzehnte an, setzt jedoch auf eine moderne Neuinterpretation mit neuer Typografie, angepassten Proportionen und einer erweiterten Farbpalette aus Electric Blue und Schwarz, welche an Neofarben der 80er Jahre erinnern.
Burberry hat ein Archivmotiv zurückgeholt. Die Wortmarke nutzt wieder Serifen. Das Equestrian-Knight-Emblem kehrte in moderner Form zurück und stützt eine sichtbare Betonung von Britishness.
Peugeot führt seit 2021 ein Wappen mit Löwenkopf. Der Look ist an frühere Logoentwicklungen angelehnt und signalisiert zugleich technologische Ausrichtung, etwa bei Elektrifizierung.
Diese Fälle eint ein Grundgedanke. Markencodes aus der Vergangenheit werden zu einer zeitgemäßen Gestaltungssprache verdichtet, das in digitalen
Umgebungen ebenso funktioniert wie am Produkt.
Retro Branding bedeutet nicht, einfach ein altes Logo zu reaktivieren. Es geht um eine überzeugende Übersetzung in die Gegenwart. Fehlt diese Verbindung, wirkt der Rückgriff wie Kulisse. Gelingt sie, entsteht Wiedererkennbarkeit mit Relevanz.
Der folgende Prozess führt strukturiert zu einer belastbaren Entscheidung. Er hilft, Bedeutung vor Gestaltung zu stellen und Retro als Mittel zum Zweck zu steuern.
Der Trend zum Minimalismus bleibt richtig, wo Lesbarkeit, Eleganz und digitale Skalierbarkeit zählen. Retro Branding widerspricht dem nicht. Die besten Beispiele verbinden vertraute Marken-DNA mit klaren, modularen Systemen. Pepsi, Burberry und Peugeot zeigen, dass eine Rückkehr zu charakterstarken Codes und eine saubere digitale Nutzbarkeit gleichzeitig möglich sind. Das ist kein Rückschritt, sondern eine Fokussierung auf das Unverwechselbare.
Wie sensibel der Umgang mit Markengeschichte sein kann, zeigte im August 2025 der Fall Cracker Barrel – eine US-amerikanische Restaurant- und Country-Store-Kette, die für ihr nostalgisches Markenbild bekannt ist. Das Unternehmen ersetzte sein ikonisches Logo mit dem „Old Timer“, der seit Jahrzehnten an einem Fass lehnte, durch eine minimalistische Variante. Was als Modernisierung gedacht war, wurde zum Kulturthema: Der Protest reichte von empörten Kunden bis zu Donald Trump, der den Schritt als Symbol eines Werteverfalls deutete. Der Druck wurde so groß, dass Cracker Barrel das neue Logo zurückzog und zum traditionellen Auftritt zurückkehrte. Ein Beispiel dafür, wie eng Markensymbole mit kultureller Identität verwoben sind – und wie riskant es ist, vertraute Codes ohne emotionale Übersetzung in die Gegenwart aufzugeben.
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Bildquellen:
PepsiCo, Eastman Kodak, Burger King, Burberry Group, alle Public Domain, via Wikimedia Commons