Interview zum Thema Branding
mit Prof. Dr. Stephen Schuster von der HDM Stuttgart

Schuster lehrt an der renommierten HDM in Stuttgart und ist Mitglied des Strategieteams bei Eberle.

 

Wie muss ein effektives Branding konzipiert werden?

Die Integration des Brandings ist entscheidend. Dabei werden der Markenname, das Markensignet sowie die Produkt- bzw. Verpackungsgestaltung so konzipiert, dass diese möglichst eine positionierungskonforme Einheit bilden. Zunächst ist es von Vorteil, wenn bereits der Markenname einen klaren Bezug zur Produktleistung aufweist oder zumindest einen hohen Bedeutungsgehalt besitzt. Neben dem Markennamen müssen aber auch das Logo sowie die Gestaltung des Produktes die gleichen positionsbezogenen Assoziationen vermitteln, um schnell und effektiv ein einheitliches Bild zu vermitteln. Die französische Marke „Bonne Maman“ nutzt Integriertes Branding, um direkt am Marmeladenregal die Markenpositionierung eindeutig zur kommunizieren. Der Name vermittelt direkt die Assoziation zu Mutters bzw. Großmutters Küche. Gestützt wird diese Wirkung durch ein Logo, welches den Markennamen mit einem traditionellen, handschriftlichen Stil visualisiert. Das Facettenglas der Marmelade in Kombination mit einem weißen Schreibschrift-Etikett und einem lieblich wirkenden, rot-weiß-karierten Deckel runden das Branding perfekt ab.

Was muss bei einem Rebranding beachtet werden?

Es ist von großer Bedeutung, das Markendesign in regelmäßigen Abständen zu überarbeiten. Dabei muss allerdings die Selbstähnlichkeit der Marke stets sichergestellt sein, sodass man von einem evolutionären Entwicklungsprozess sprechen kann. Die Wiedererkennbarkeit einer Marke muss auch durch ein überarbeitetes Branding jederzeit sichergestellt sein, damit gespeicherte Schemata weiterhin abrufbar sind. Trotzdem muss das Branding im Zeitverlauf behutsam überarbeitet werden, damit die Marke nicht an Aktualität und Relevanz verliert. Das Markensignet steht immer im Kontext des aktuellen ästhetischen Zeitgeistes. In den letzten Jahren dominierte der Trend zum Minimalismus, welcher Marken eine gewisse Eleganz verleiht. Minimalistische Signets stärken nicht nur die Klarheit und Merkfähigkeit von Marken, sondern steigern auch die Leistungsfähigkeit des Branding in digitalen Umfeldern. Viele große Marken sind in den letzten Jahren diesem Trend gefolgt und haben ihr Branding vereinfacht.

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Besteht nicht auch die Gefahr der Markenverwässerung, wenn alle Marken dem Trend zum Minimalismus folgen?

Ja, so richtig und konsequent dieser Trend auf den ersten Blick erscheint, stellt dieser gleichzeitig auch eine große Herausforderung dar. Ein aktueller Blick in die Modebranche zeigt, dass das schablonenhafte Überarbeiten der Markensignets auch kritisch betrachtet werden kann. Eine wichtige Aufgabe des Branding ist, die Unterscheidbarkeit der Marke sicherzustellen. Viele der Modemarken haben ihre Logos in den letzten Jahren vereinfacht, lesbarer und vielleicht auch etwas eleganter gestaltet. Ein Mangel an Unterscheidbarkeit und Prägnanz lässt sich aber trotz der aufgeführten Vorteile nicht wegdiskutieren. Es ist also nur ein schmaler Grat zwischen dem ästhetischen Zeitgeist und einem undifferenzierten Einheitsbrei. Die Weiterentwicklung des Branding muss also nicht nur aus der Markenidentität heraus erfolgen, sondern steht immer im Kontext mit dem Wettbewerb.

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Vor welchen Herausforderungen steht das Branding?

Das Branding von Marken muss flexibler und anpassungsfähiger werden. Schon längst hat sich das Logo aus den Fesseln allzu strikter, formaler und ausufernder Corporate-Design-Manuals befreit. Den Startschuss dazu setze Coca-Cola im Jahr 2013, indem die Marke erstmals seinen weltbekannten Schriftzug auf dem Etikett durch Vornamen ersetzte. Viele Marken wie Nutella, Nivea oder Toblerone folgten diesem Beispiel und bedienen seitdem den Trend zur Personalisierung von Produkten. Branding kann folgend auch einen Beitrag leisten, das persönliche Engagement der Konsumenten mit der Marke zu stärken. Weiterhin passen sich Design-Systeme heute nahtlos den Benutzeroberflächen an, auch das fordert eine hohe Flexibilität. Der erste Reflex bei der Gestaltung von App-Icons oder Favicons ist beispielsweise das Markenlogo gemäß CD-Richtlinie zu verwenden. In der Realität führt dies oftmals zu einer Schwächung der Markenwirkung. Einige Marken haben daher erkannt, dass der Umgang mit ihrem Branding agiler sein muss. Netflix nutzt beispielweise auf dem App-Icon nur das prägnante N, Amazon arbeitet mit dem „lächelnden“ Pfeil und Coca-Cola verzichtet gleich ganz auf das Logo und bildet lediglich die ikonografische Flasche ab.

Welche Chancen ergeben sich aus der zunehmenden Digitalisierung?

Um die Möglichkeiten digitaler Umfelder vollständig zu nutzen, muss man sich von einem statischen Blick auf das Branding verabschieden. Durch die Nutzung von Animationen kann dem Logo beispielsweise ein eigenständiger Charakter verliehen werden. Parallel dazu kann ein wichtiger Beitrag zur Vermittlung der Markenpositionierung geleistet werden. Gerade für digitale Marken ist Animation ein integraler Bestandteil des Branding. Netflix nutzt beispielsweise vor Videos eine Logo-Animation, bei welcher das Markensignet in ein Spektrum von Farben zerfließt. Dies soll die abwechslungsreiche Vielfalt der Titelauswahl vermitteln und für die richtige Stimmung für ein perfektes Filmerlebnis sorgen.


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